Blaue Zone in den Städten
Minus 2'300 Parkplätze – allein in den letzten zwei Jahren
Jedes Jahr heben Schweizer Städte tausende von Parkplätzen auf. Besonders betroffen sind die Blauen Zonen. Ein Ende des Abbaus ist nicht in Sicht – im Gegenteil: STREETLIFE weiss, welche Stadt besonders radikal gegen die beliebten Quartierparkplätze vorgeht.
Sie müssen weichen für Velorouten, Blumentöpfe oder autofreie Begegnungszonen: Parkplätze an der Strasse werden in Schweizer Städten immer seltener. Wie eine Umfrage von STREETLIFE zeigt, wurden in Zürich, Basel, St.Gallen und Bern allein in den vergangenen zwei Jahren insgesamt 2322 Parkplätze in der Blauen Zone abgebaut. Dabei handelt es sich verhältnismässig günstige Parkplätze, die sich vor allem in Überbauungen ohne Tiefgaragen an grosser Beliebtheit erfreuen.
Stadt Zürich: «Werden 2025 weitere 300-500 Parkplätze abbauen»
Den Städten sind sie allerdings ein Dorn im Auge, oder besser gesagt in der Mobilitätsstrategie. Besonders radikal geht Zürich vor: Die Stadt liess innert kurzer Zeit insgesamt 721 Parkplätze verschwinden. Während es Ende 2022 noch 31'173 waren, schwanden sie per April 2025 auf 30'452 an der Zahl. Am meisten vom Abbau betroffen war der Kreis 3 in Wiedikon mit 193 aufgehobenen Parkplätzen. Für die Stadt ist das aber noch lange nicht genug: «Innerhalb der Bauprojekte vom Jahr 2025 werden 300 bis 500 Blaue Parkplätze abgebaut, um Verbesserungen für den Velo- oder Fussverkehr sowie mehr Grün zu erhalten», sagt Chantal Stocker von der Dienstabteilung Verkehr auf Anfrage von STREETLIFE.
Bern und Basel streichen ähnlich viele Parkplätze
In Basel wird die Anzahl Parkplätze nur alle zwei Jahre erhoben. Doch der Vergleich vom November 2021 und November 2023 zeigt: Auch hier wurden insgesamt 550 Parkplätze ersatzlos gestrichen. Ähnlich viele waren es in Bern. Von 2022 bis 2024 sinkt die Zahl der blauen Zone Parkplätze von 11’958 auf 11'426 – insgesamt 532 Parkplätze.
Ostschweiz im Vergleich stabil – Tendenz jedoch sinkend
In der Ostschweiz sind die Zahlen im Vergleich etwas weniger auffallend. Doch auch hier ist die Tendenz sinkend. Von 2022 bis 2024 gingen in St. Gallen 64 Parkplätze in der erweiterten Blauen Zone verloren. In Winterthur wurde die Zahl der öffentlichen Parkplätze bis vor kurzem nicht systematisch erhoben. Nachdem die Stadt im Herbst des letzten Jahres jedoch alle Parkplätze von der weissen in die blaue Zone umgeteilt hat, lag der Stand bei rund 5500. «Dabei gingen 14 Parkplätze verloren, vor allem wegen Sicherheitsproblemen», sagt Michael Graf vom Departement Bau und Mobilität.
Es scheint, als könnten die Bewohnenden von Winterthur, die ihre Autos am Strassenrand parkieren, momentan noch aufatmen. «In Winterthur gibt es keine systematische Bestrebung Parkplätze zu reduzieren oder gar Abbauziele», sagt Michael Graf. Doch auch hier werden Blaue-Zonen-Parkplätze zugunsten von Veloschnellstrassen ersatzlos aufgehoben. Für die Veloroute in Töss waren’s 17, in Wülflingen 6 und 41 weitere sind in Oberwinterthur geplant, «wobei sich hier die Zahlen zugunsten mehr verbleibender Parkplätze verändern könnte, da Gespräche mit rekurrierenden Anwohnenden laufen», so Michael Graf.
Städte gehen radikal gegen Autos vor
Den Preis für die verlorenen Parkplätze zahlen die Einwohnenden, die in Überbauungen ohne Tiefgaragen wohnen: Sie sind dazu gezwungen, auf ihr Auto zu verzichten, sofern sie keine hohen Parkgebühren oder grosse Zeitverluste für die tägliche Parkplatzsuche in Kauf nehmen wollen.
Doch die Städte fahren ihre Mobilitätsstrategien ohne Rücksicht auf Verluste. Sie machen klar: Autos sollen zunehmend vom Strassenrand und am liebsten ganz aus der Stadt verschwinden. Zürich beispielsweise strebt bis 2024 eine Reduktion des motorisierten Individualverkehrs um 30 Prozent an – genau wie Basel, das sich den Drittel weniger allerdings bereits für 2037 zum Ziel gesetzt hat.
Betroffene wehren sich
In einigen Städten regt sich jedoch Widerstand. So ist in Zürich gerade erst die Initiative «Ja zum fairen Parkplatz-Kompromiss» zustande gekommen. Auch die TCS-Sektion beider Basel setzte ein Statement, als sie im November des letzten Jahres die Petition «Keine Gebührenwillkür in BS! Nein zu überhöhten Parkkartenpreisen» beim Grossrat einreichte. Und in St. Gallen wehren sich Betroffene mit einem Bevölkerungsvorstoss gegen die erhöhten Gebühren. Inwiefern die meist links-grün regierten Städte jedoch Rücksicht auf die Wünsche der Autofahrenden nehmen werden, bleibt weiterhin offen.
Claudia Brüngger
www.streetlife.ch